Fieber 🔒

Diese Geschichte ist eine Fortsetzung der Geschichte Heimweg.

„Und an dem Ring erkennt man das?“

„Ja, je nachdem, an welcher Hand man ihn trägt, kann man auch noch erkennen, ob jemand Sklave oder Herr ist.“

Diesen Gesprächsfetzen schnappe ich auf, als ich gerade im Zwischengeschoss zwischen U-Bahn und Oberfläche auf einen Ausgang zusteuern will, um ein wenig in der Innenstadt einzukaufen. Neugierig folge ich unbemerkt der Gruppe junger Erwachsener, auch wenn es einen kleinen Umweg für mich bedeutet.

Sie erzählen sich von einer Freundin, die ihnen erzählt hatte, dass sie auf SM steht und auch gerne in Fetischklamotten herum läuft. „Find ich stark“ meint eine der Gruppe. „Ja, ist cool.“

Ich muss lächeln und freue mich auch ein wenig über diese Reaktion. Mittlerweile stehe ich hinter ihnen auf einer Rolltreppe. Unwillkürlich muss ich auf meine Hand blicken, die auf dem Treppengeländer liegt. Auf die Stelle, an der sich auch ein Ring, dieser Ring der O, befinden könnte. An meiner rechten Hand, die Seite, die anzeigt, dass ich die passive, die submissive Seite bevorzuge. Aber ich trage keinen Ring, habe es bisher nicht für nötig befunden. Ich will ja gar nicht erkannt werden, brauche kein Zeichen.

Das Gespräch der Gruppe ist beendet. Ich schlage den Weg ein, den ich ursprünglich hatte einschlagen wollen und erledige meine Einkäufe. Als ich auf der Rückfahrt in der Straßenbahn sitze, muss ich wieder an dieses Gespräch zurückdenken. Ich frage mich, ob der Ring wirklich das einzige Erkennungszeichen ist, durch das sich Gleichgesinnte erkennen können. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich gezielt an Orte zu begeben, die von Leuten mit gleicher Gesinnung besucht werden. Aber wie ist es im Alltag? Gibt es geheime Signale, die eine dominant oder submissiv veranlagte Person ausstrahlt?

Ich lasse meine Blicke über die anderen Fahrgäste streifen. Sehe jedem ins Gesicht und frage mich, was diese Menschen wohl alles hinter verschlossenen Türen treiben könnten. Bei den meisten fällt mein Urteil eher ernüchternd aus. Es würde mich wundern, wenn sie überhaupt noch etwas trieben. Aber wie ist es mit mir, welche Signale sende ich aus? Wirke ich nicht auch wie eine angepasste junge Frau, die keine dunklen Geheimnisse hat? Und doch wird mir auch hin und wieder versichert, auch von Menschen, die nichts von meiner dunklen Seite wissen, dass ich sehr sinnlich wirke und wie ein Mensch, der gerne genießt. Oh ja, das tue ich wirklich. Ich male mir ein paar Genüsse aus und ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.

Ich fahre mit meiner Inspektion der anderen Fahrgäste fort. Ein paar sind darunter, denen ich durchaus zutraue, ein erfülltes Sexualleben zu führen. Aber mit einer Gerte in der Hand oder gefesselt an der Decke hängend? Nein, soweit will ich dann wieder nicht gehen, auch wenn man es wirklich nicht weiß. Aber es muss sie ja geben, diese Menschen. Wie viele meiner Bekannten teilen wohl insgeheim meine Leidenschaft, frage ich mich.

Mein Blick geht weiter, nimmt jeden meiner Mitfahrer kurz unter die Lupe, versucht ihn zu durchleuchten, als könne man dadurch jemandem die intimsten Geheimnisse entlocken. Die meisten Leute blicken unwillkürlich weg, wenn sich unsere Blicke kreuzen. Augenkontakt mit unbekannten Leuten ist für Menschen unangenehm.

Bis mein Blick auf einen Mann fällt, der mir schräg gegenüber auf der anderen Seite des Mittelganges sitzt. Er ist der Erste, der mich voll anblickt. Ich habe das Gefühl, dass er seinerseits mich schon seit einer Weile beobachtet. Als sich sein Mund auch noch zu einem leicht spöttischen Lächeln formt, gebe ich mich geschlagen, nun ist es an mir, zur Seite zu blicken. Irgendwie fühle ich mich ertappt. Mir scheint es, als hätte dieser Mann meine Gedanken gelesen.

Vorsichtig und möglichst unauffällig wende ich meinen Blick wieder in seine Richtung. Er ist dunkel gekleidet, normale Alltagskleidung, leicht abgetragen, aber zu ihm passend. Schon etwas älter, aber noch im besten Mannesalter, schlank, aber irgendwie drahtig, so als sei er körperliche Anstrengungen gewohnt. Ich traue mich nicht mehr, ihm direkt ins Gesicht zu blicken, denn irgendwie habe ich noch immer das Gefühl, auch in seinem Mittelpunkt des Interesses zu liegen. Waren das nun die Signale, auf die ich gewartet habe? Könnten seine Hände eine Gerte in der Hand halten, reagiere ich deshalb so, wie ich reagiert habe?

Ich zucke zusammen. Er hat seinen Schlüsselbund in der Hand und hat sich mit der daran befindlichen Mini-Wasserwaage in die andere Hand geschlagen. Das Geräusch und diese Tätigkeit hatten mich wirklich zusammen zucken lassen. Wieder fühle ich mich ertappt, als könne er meine Gedanken wie in einem offenen Buch lesen. Das gibt es doch gar nicht, denke ich mir. Ich wage einen letzten Blick in sein Gesicht. Noch immer dieses Lächeln, das schon beinahe ein Grinsen ist und genau auf mich gerichtet.

Ich erhebe mich, meine Haltestelle ist erreicht und irgendwie bin ich ganz froh, dieser Situation entfliehen zu können. Ich steige aus, fühle mich plötzlich wieder sicher, spähe in die nun an mir vorbeifahrende Straßenbahn und erblicke ihn wieder, wie er mir mit seinen Blicken folgt.

Rede ich mir das Ganze nur ein? Oder waren sie wirklich da, diese Signale? Konnte das wirklich sein?

Nachdenklich gehe ich in meine Wohnung. Ob er wohl ein Handwerker ist, wenn er eine Wasserwaage an seinem Schlüsselbund trägt? Aber ich werde es wohl nie erfahren, denke ich mir, und im Laufe des Tages verschwinden die Gedanken an dieses Ereignis wieder.

Als ich jedoch am folgenden Tag wieder in der Straßenbahn sitze, ist die Erinnerung wieder da und ich spähe unwillkürlich nach diesem Mann, sehe ihn aber nicht. Genauso wenig wie an den folgenden Tagen, bis ich dieses Erlebnis, das eigentlich ja gar keines war, wirklich fast vergessen habe.

Henry erzähle ich von diesem Vorfall nichts, sehe keine Notwendigkeit dazu. Seit ich ihn kennen gelernt habe, drehen sich meine Gedanken eh ständig um meine neu entdeckte Seite, die er in mir zum Vorschein gebracht hat und immer noch weiter zum Vorschein bringt. Er hat mir eine Menge Bücher zum Lesen gegeben, die ich verschlinge, begierig in mich aufsauge und dies alles am liebsten sofort ausprobieren würde. Nun gut, vielleicht nicht alles, vieles erschreckt mich eher, aber meine Gedanken sind doch sehr oft bei diesem Thema und Henry meint, das sei etwas ganz Normales.

Er geht mit mir wahnsinnig vorsichtig um. Will ich alles Mögliche ausprobieren, so bremst er mich immer wieder. „Langsam, meine kleine Cat, langsam, du wirst noch alles früh genug kennen lernen, eines nach dem anderen, wir sind beim ersten Mal eh schon sehr weit gegangen.“ Ich muss mich dem fügen, es bleibt mir ja nichts anderes übrig. So lerne ich langsam auch den normalen Menschen Henry kennen, erfahre, was er für einen Job hat, was er gerne mag, was weniger, wohin er gerne verreist, was er für Ansichten zu den unterschiedlichsten Themen hat. Er lernt mich umgekehrt genauso kennen. In manchem unterscheiden wir uns, in vielen Dingen sind wir uns aber ähnlich, was mich sehr freut. Noch immer kommt es mir wie der blanke Irrsinn vor, dass ich mich ihm hingegeben habe, ohne all diese Dinge vorab zu wissen.

Ich lerne es auch kennen, ganz einfach mit ihm zu schlafen. Mal ganz zärtlich und sanft, mal leidenschaftlich und härter, aber doch noch so, wie es so viele andere tun. Ich habe dieser Art von Sexualität bisher noch nie viel abgewinnen können, hatte immer recht unzufrieden verlaufende Beziehungen gehabt, in der die Sexualität eine untergeordnete Rolle spielte oder mich einfach nie so richtig befriedigte. Aber mit Henry ist es schön, ich lerne mich und meinen Körper neu kennen, kann mich bei ihm fallen lassen und auch einfach nur mal genießen.

Hin und wieder darf ich auch seine Sklavin sein. Jedoch immer nur kurz. Es scheint ihm wirklich Spaß zu machen, meine Sehnsucht immer mehr zu vergrößern und durch kleine Dosen, die er mir ab und an gewährt, wach zu halten. Ich gebe meine Sehnsucht auch immer wieder kund, aber er fordert mich nur immer zur Geduld auf.

Auch haben wir noch nie eine Nacht miteinander verbracht. Ist er bei mir, verlässt er mich spät abends oder setzt mich in ein Taxi, wenn ich bei ihm bin. „Bleib‘ doch über Nacht.“ habe ich ihn schon gebeten, aber auch das hat er mit einem Appell an meine Geduld abgewiesen.

Und so bin ich in einem Zustand der Daueranspannung versetzt. Erhöht wird diese Tatsache, dass sein Beruf es mit sich bringt, immer mal wieder zu verreisen und dass er für mich tagelang nicht zu erreichen ist, oder allenfalls per Telefon.

Er ist auch wieder mal auf einer seiner Geschäftsreisen, als ich plötzlich einen Brief bei mir im Briefkasten finde, der mich ziemlich überrascht. Mein Herz schlägt sofort sehr viel schneller, denn dieser Brief sieht exakt genauso aus wie der, den ich schon einmal von ihm erhalten habe und der zu unserem ersten gemeinsamen Spiel geführt hatte. Er muss persönlich abgeben worden sein, denn er ist nicht frankiert. Ist er etwa doch schon wieder hier und hat mir nichts gesagt?

Schon im Hochgehen reiße ich den Umschlag auf und beginne zu lesen.

Gehe zur Post und hole dort das Päckchen ab, das ich postlagernd dort für dich deponieren habe lassen.

Am Samstag wirst du das (und nur das!), was du in dem Päckchen findest, anziehen und zu dem Ort fahren, den ich dir auf dem zweiten Blatt beschrieben habe. Sei um achtzehn Uhr dort und warte auf mich.

Henry

Ich muss bei dem Ton dieses kurzen Briefes schlucken. Er enthält keine Nettigkeiten, nur diesen Befehl, nicht einmal eine persönliche Ansprache. Aber auch ein gewisses Kribbeln macht sich in mir breit.

Auf dem zweiten Blatt befindet sich eine kurze Wegbeschreibung. Ich soll mit der S-Bahn ein Stück aufs Land fahren, mir dort ein Taxi nehmen und mich dann an den Rand eines Waldes fahren lassen, wo ich an einem Wegkreuz warten soll, das dort stehen muss. Das Ganze ist noch durch eine Kopie einer Straßenkarte erläutert.

Einen Moment lang frage ich mich, was dieser ganze Aufwand wohl soll, was er mit mir vor hat. Und was mag wohl in dem Päckchen sein? Ich blicke auf die Uhr. Mist, es ist schon zu spät, die Post hat schon geschlossen. Ich ärgere mich, dass ich nun eine ganze Nacht warten muss, ohne zu wissen, was in dem Päckchen ist. Damit es schneller Morgen wird, gehe ich schon früh schlafen und stelle den Wecker so, dass ich zur Öffnung des Postamtes dort sein kann.

Am nächsten Morgen springe ich ganz gegen meine Gewohnheit putzmunter aus dem Bett und ziehe mich in Windeseile an. Ich konnte nur schlecht schlafen, da sich meine Gedanken immer wieder um den Brief und das Päckchen drehten. Mit schnellen Schritten eile ich dem Postamt entgegen. Obwohl die Post gerade erst geöffnet hat, hat sich schon eine kleine Schlange gebildet und ich muss ein wenig warten und verfluche insgeheim alle Frühaufsteher, die nichts besseres zu tun haben, als in aller Frühe das Postamt aufzusuchen, um zwei Briefmarken zu kaufen.

Endlich bin ich an der Reihe und erkundige mich etwas unsicher nach meinem Paket. Tatsächlich ist da etwas auf meinen Namen hinterlegt worden. Nachdem ich meinen Personalausweis vorgezeigt habe, halte ich es nun endlich in Händen. Schon will ich es gleich an Ort und Stelle aufreißen als mir einfällt, dass darin vielleicht Dinge enthalten sein könnten, die nicht für jedermanns Auge bestimmt sind. Ich seufze einmal ganz tief und gehe wieder eiligen Schrittes nach Hause. Die paar Minuten würde ich nun auch noch überstehen.

Zu Hause angelangt lege ich das Päckchen auf den Tisch. Seltsamerweise bin ich nun ganz ruhig, öffne das Paket ganz langsam und sorgfältig mit einem Messer und klappe den Deckel auf. Als erstes halte ich einen Mantel in Händen. So eine Art Trench-Coat in weiß und etwa knielang. Als nächstes ein kurzes Hemdchen, wie ich es eigentlich allenfalls nachts trage. Es ist ebenfalls weiß und, wie ich feststelle, aus einem durchsichtigen Stoff. Dann noch ein Paar weiße Strümpfe und der dazu passende Strapsgürtel. Weiter unten im Paket ist noch ein Schuhkarton. Weiße Pumps in meiner Größe. Ich probiere sie an und stelle erleichtert fest, dass sie recht gut passen. In dem Schuhkarton ist aber noch etwas versteckt, in Seidenpapier umwickelt. „Oh“ entfährt es mir, als ich das Papier entfernt habe. Ich halte nun einen Anal-Plug in Händen. Er ist wohl nicht sonderlich groß, aber dennoch betrachte ich ihn unbehaglich, habe ich doch mit so etwas bisher noch nie Kontakt gehabt. Zum Vorschein kommt noch eine kleine Tube Gleitcreme. ‚Wie fürsorglich‘ denke ich mir lakonisch.

Zu meinem Leidwesen enthält der Karton sonst weiter nichts. Irgendwie hatte ich eine zweite Mitteilung an mich erhofft, aber dem ist nicht so. Auch ein wenig mehr Kleidung hatte ich mir zudem erhofft. Kann ich wirklich mit dieser spärlichen Bekleidung quer durch die Stadt und hinaus aufs Land fahren? Was wäre, wenn ein Windstoß mir den Mantel hoch wehen würde? Ich werde mir unwahrscheinlich angreifbar in dieser Kleidung vorkommen, das weiß ich schon jetzt.

Dieser und noch andere Gedanken werden mich aber noch die kommenden zwei Tage bis Samstag weiter beschäftigen. Zunächst betrachte ich nun aber diesen Plug. Wie sich das wohl anfühlen mag? Die Vorstellung macht mir Angst, erregt mich aber zugleich auch. In dem Brief hatte nichts davon gestanden, dass ich die Sachen nicht zuvor auch einmal ausprobieren dürfte. Also warum nicht einmal testen?

Ich gehe in mein Schlafzimmer, entledige mich langsam meiner Kleidung. Als ich den Anal-Plug in den Händen halte, überlege ich es mir doch nochmal kurz anders und husche auf die Toilette. Ich will mich davon überzeugen, dass ich auch wirklich leer bin.

Wieder zurück im Schlafzimmer halte ich die Tube Gleitcreme in der Hand. Wo kommt die denn nun hin? Ich entschließe mich dazu, sie direkt auf den Plug zu geben.

Der folgende Beitrag ist für Jugendliche unter 18 Jahren nicht geeignet, weshalb er ausschließlich zwischen 23 und 5 Uhr zu sehen ist. (Zurück zur Übersicht)

© Devana Remold